Friedhelm Boginski

Delegationsreise Israel 🇮🇱

Vom 19.03 bis zum 23.03 reiste ich im Rahmen meiner Delegationsreise nach Israel und in die palästinensischen Autonomiegebiete. Dabei erlebte ich ein vielfältiges Programm, das von NAFFO e.V. organisiert wurde. 

ℹ️ NAFFO e.V.

NAFFO e.V. - das Nahost Friedensforum - ist ein Zusammenschluss engagierter Bürgerinnen und Bürger in Deutschland. Sie setzen sich für eine friedliche politische und gesellschaftliche Entwicklung im Nahen Osten ein. Dafür treten sie in den regelmäßigen und zukunftsorientierten Dialog, u. a. mit uns Politikern und bieten durch exzellente Kontakte und gute Ressourcen zuverlässige und exklusive Informationen. Durch dieses Engagement soll das Verständnis in der deutschen Politik für die Vielschichtigkeit der Situation im Nahen Osten erhöht werden. 

Sonntag, der 19. März 2023

✈️ Bereits am Samstag ging der Flug über Frankfurt am Main in Richtung Israel. Mit dabei, mein Fraktionskollege Peter Heidt. Am späten Abend kamen wir dann in Jerusalem an und checkten im Hotel ein.

Friedhelm Boginski in Israel

🍳 Nach einem gemeinsamen Frühstück, begann der Sonntag mit einem Briefing durch Ami Metav, einem ehemaligen Mitarbeiter aus dem israelischen Verteidigungsministerium. Zuletzt war er dabei verantwortlich für die Altstadt Jerusalems und lernte so neben den historischen Sehenswürdigkeiten auch die versteckten Gassen kennen. Nach seiner Pensionierung vollendete er seinen Master in Archäologie und Israelstudien, eröffnete eine Tourismusschule in Jerusalem und wurde ein lizenzierter Reiseführer. In den letzten Jahren leitete und koordinierte er Tourismus-Infrastrukturentwicklungsprojekte für Regierungs- und Kommunalbehörden in der Altstadt von Jerusalem. 

📸 Nach dem informativen Vortrag machten wir eine kleine Tour durch die Altstadt Jerusalems und besuchten im Anschluss den Obersten Gerichtshof, wo wir uns mit der Justizreform auseinandersetzten und intensiv darüber diskutierten. 

ℹ️ Da es in Israel keine schriftliche Verfassung oder ein Grundgesetz gibt, fungiert das Oberste Gericht Israels als Kontrollinstanz für den Schutz von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten sowie von individuellen Rechten und ist somit für das Zusammenleben im Land von zentraler Bedeutung. Die hier getroffenen Entscheidungen sind für alle Gerichte bindend. Im israelischen Gerichtswesen existieren drei verschiedene Gerichtsebenen:

Das oberste Gericht als Berufungsgericht steht an der Spitze, ihm sind Bezirks- und Magistratsgerichte untergeordnet, die als Prozessgerichte fungieren. In seiner Funktion als oberste Berufungsinstanz entscheidet das oberste Gericht über eintausend Eingaben jährlich. Oftmals handelt es sich um Eingaben von höchster Relevanz, die Verhalten und Handlungen hochrangiger Regierungsvertreter in Frage stellen. Der Supreme Court ist in Israel Verfassungs- und Fachgericht, hat damit verglichen mit dem deutschen Bundesverfassungsgericht deutlich mehr Befugnisse und kann zudem von “jedermann” angerufen werden. 

🗣️ Die Justizreform sorgte und sorgt auch weiterhin für Unmut in der Bevölkerung, da die Menschen befürchten, dass durch diese Reform die Regierung das Justizsystem im Land schwächen möchte.

Friedhelm Boginski im Obersten Gericht Israels

🍽️ Beim Mittagessen sprachen wir mit Amalia Reich und Gur Shriebman von der Schusterman Foundation über die israelische Gesellschaft. Dabei gingen wir auf die Bedeutung der Stärkung der Zivilgesellschaft zur Stärkung und Stabilisierung der Demokratie ein. 

ℹ️ Die Schusterman Foundation hat es sich zur Aufgabe gemacht, Israel als jüdischen Staat zu stärken, die lebendige Demokratie Israels zu fördern und Israels Gesellschaft inklusiver zu machen. Unter anderem geschieht dies durch Stipendien, Begegnungen und verschiedenen Initiativen, wie etwa der Frauenförderung.

🤝 Am Nachmittag erwartete uns ein Roundtable mit der Jerusalem Foundation, wo auch Vertreterinnen und Vertreter der Koalition für Toleranz dabei waren. Beim gemeinsamen Austausch erhielten wir einen Einblick in die Arbeit dieser Organisation. 

💡 Die Jerusalem Foundation ist eine überparteiliche und gemeinnützige Organisation mit Hauptsitz in Jerusalem. Die 1966 gegründete Stiftung agiert als Vermittlerin zwischen Juden, Christen und Muslimen in Jerusalem, eine für alle drei monotheistischen Weltreligionen wichtigen Stadt. Dr. Alexander Dubra leitete den Roundtable mit Vertretern der Tolerance Coalition, einem Zusammenschluss von Organisationen, die im Bereich gemeinsames Wohnen und Demokratieerziehung im West- und Ostteil der Stadt Jerusalem tätig sind.

Roundtable mit der Jerusalem Foundation

🏦 Am Abend kamen wir zu einem gemeinsamen Briefing mit dem Gouverneur der israelischen Zentralbank, Prof. Amir Yaron zusammen. 

ℹ️ Prof. Amir Yaron wurde 2018 vom israelischen Präsidenten zum Gouverneur der Israelischen Zentralbank ernannt. Yaron ist ein weltweit anerkannter Experte für Makroökonomie, monetäre Ökonomie, Finanzen und Finanzökonomie. Prof. Yaron absolvierte seinen Bachelor- und Master-Abschluss an der Universität Tel Aviv und diente als Offizier in der Einheit des Wirtschaftsberaters des IDF-Generalstabschefs. Anschließend ging er ins Ausland, wo er einen Master-Abschluss und einen Ph.D. an der Universität von Chicago absolvierte. Seine gemeinsame Studie mit Ravi Banzal „Risks for the Long Run: A Potential Resolution of Asset Pricing Puzzles“, in der Literatur als „Bansal-Yaron Model“ bezeichnet, ist eine der weltweit führenden Studien an der Schnittstelle zwischen Makroökonomie und Finanzen. Das Papier wurde 2013 in den Schriften des Wissenschaftlichen Nobelpreiskomitees überprüft und führte dazu, dass der Gouverneur 2019 den renommierten Stephen Ross Award gewann. Professor Yaron war Gastwissenschaftler an der Federal Reserve Bank of Philadelphia, dem MIT, der Goethe-Universität in Frankfurt am Main, der Bank of Israel, dem IWF u.v.m.. 

💰 Die Israelische Zentralbank ist verantwortlich für die israelische Geldpolitik und Regulierung des Marktes. Eine Besonderheit ist, dass der Gouverneur die alleinige Verantwortung für die Zinsen trägt und direkt den israelischen Premierminister berät. 

Gruppenfoto in der Israelischen Zentralbank

Montag, der 20. März 2023

Am Montag ging es von Jerusalem 🇮🇱 nach Ramallah 🇵🇸. Dort erwartete uns Dr. Khalil Shikaki. 

ℹ️ Dr. Khalil Shikaki ist Professor für Politikwissenschaft und Leiter des Palästinensischen Zentrums für Politik- und Umfrageforschung (PCPSR) in Ramallah. Das Ziel des PCPSR ist es, Wissenschaft und Wissen zu unmittelbaren Anliegen der Palästinenser in drei Bereichen zu fördern: Innenpolitik, Außenpolitik sowie Meinungsumfragen. Seit 1993 hat Dr. Shikaki mehr als 200 Umfragen unter Palästinensern im Westjordanland und im Gazastreifen und seit dem Jahr 2000 zahlreiche gemeinsame Umfragen von Palästinensern und Israelis durchgeführt. Seine Forschung konzentriert sich auf den Friedensprozess, den palästinensischen Staatsaufbau, die öffentliche Meinung, den Übergang zur Demokratie und die Auswirkungen der palästinensischen Innenpolitik auf den Friedensprozess.

Thematisch setzten wir uns mit der palästinensischen Gesellschaft auseinander. Anschließend trafen wir Nada Majdalani, sowie weitere palästinensische Akteure.

🤝 Nada Majdalani ist Leiterin des Büros Ramallah von EcoPeace Middle East - einer einzigartigen Organisation, die jordanische, palästinensische und israelische Umweltschützer zusammenbringt. Das vorrangige Ziel von EcoPeace ist die Förderung kooperativer Bemühungen zum Schutz unseres gemeinsamen Umwelterbes. Damit wollen sie sowohl eine nachhaltige regionale Entwicklung als auch die Schaffung der notwendigen Voraussetzungen für einen dauerhaften Frieden in der Region vorantreiben. EcoPeace hat Büros in Amman, Ramallah und Tel Aviv.

Auch hierbei war die palästinensische Gesellschaft Gesprächsthema. Darüber hinaus diskutierten wir über potentielle Lösungen, die ein friedliches Zusammenleben zwischen Israelis und Palästinenser ermöglichen. 

🥙 Unsere Führung durch Ramallah 🇵🇸 im Anschluss der Gespräche begann mit einem Mittagessen. Es gab, was ich nicht oft esse: Falafel. Sehr lecker! 

Gleichzeitig wurde mir durch die Tour etwas deutlich: So stark wie in Ramallah  prallen wahrscheinlich nirgendwo die Differenzen zwischen Israelis und Palästinenser aufeinander. Absolut eindrucksvoll!

Falafel in Ramallah

Am Nachmittag ging es dann wieder nach Jerusalem 🇮🇱, wo wir uns am Abend mit Khaled Abu Toameh austauschten. 

ℹ️ Khaled Abu Toameh ist israelischer Araber und in der West Bank- und Gaza-Korrespondent der Jerusalem Post und des U.S. News and World Report. Davor arbeitete er als Chefkorrespondent für die Zeitschrift Jerusalem Report und als Korrespondent für Al-Fajr. Seit 1989 ist er als Berater und Gastautor für den amerikanischen Nachrichtensender NBC News tätig. Er hat mehrere Dokumentationen über palästinensische Themen für die BBC und andere Sender produziert. Herr Abu Toameh studierte englische Literatur an der Hebräischen Universität Jerusalem und schloss mit einem Bachelor-Abschluss ab. Er lebt zurzeit mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Jerusalem. Herr Abu Toameh ist Träger des Hudson Institute Award for Courage in Journalism 2011.

 

Dienstag, der 21. März 2023

Am Dienstag ging es dann nach Tel-Aviv 🇮🇱, wo uns ein Flug mit dem Helikopter erwartete. Fast ganz Israel konnten wir so erkunden und genossen das atemberaubende Panorama: das Land hat eine wunderschöne Landschaft, verschiedene Klimaten und ein sehr abwechslungsreiches Relief. Auch die Landesgrenzen zum 🇱🇧 Libanon und 🇸🇾 Syrien konnten wir sehen, wo es auch immer wieder zu Konflikten kommt… 
 

Helikopterflug Tel-Aviv

Bei einer Zwischenlandung trafen wir uns mit Dr. Eitan Azani zum Briefing. 

ℹ️ Dr. Eitan Azani ist Forschungsdirektor am Internationalen Institut für Terrorbekämpfung (ICT) und Leiter der Bachelor- and Master- Spezialisierung in Counter-Terrorism an der Reichman Universität in Herzliya. Er ist ein Oberst (Res.) in der israelischen Armee mit operativer, Forschungs- und akademischer Erfahrung in Terrorismusbekämpfung auf regionaler und internationaler Ebene. Als Teil seiner Arbeit bei ICT berät Dr. Azani Azni sowohl private als auch staatliche Einrichtungen in Fragen der Terrorismusbekämpfung. Als Sachverständiger zu Hisbollah war Dr. Azni sowohl vom Ausschuss für internationale Angelegenheiten des Repräsentantenhauses der Vereinten Staaten sowie vom Europäischen Parlament eingeladen.

🏭 Am Abend besuchten wir die Beth-El Zichron Jakov Industries Ltd., Weltmarktführer in der Entwicklung und Herstellung von Kollektivschutzsystemen u.a. gegen atomare, biologische und chemische Waffen. Ca. 1.800 Angestellte werden dort beschäftigt. Das von deutschen Auswanderern gegründete Unternehmen beliefert u.a. das israelische Verteidigungsministerium, die #NATO, #Intel, u.v.m.

Bei Beth-El Zichron Jakov Industries Ltd.

Mittwoch, der 22. März 2023

Am Mittwoch setzte sich die Delegationsreise fort mit einem gemeinsamen Gespräch mit Generalmajor Liad Diamond von den Israel Defense Forces über die Sicherheitslage Israels. 

ℹ️ Generalmajor Liad Diamond ist seit 2019 Pressesprecher der Israel Defense Forces (IDF). Zuvor diente er in verschiedenen Infanterie Einheiten der IDF. Er studierte an der Bar-Ilan University Nahoststudien und Geschichte.

Generalmajor Liad Diamond

Vor Ort erlebten wir dann hautnah eine Demonstration gegen die geplante Justizreform.

Demonstration

Im Stadtteil Jaffa in Tel-Aviv besuchten wir dann das Peres Center for Peace and Innovation, wo wir uns thematisch mit der Demokratieentwicklung in Israel 🇮🇱 auseinandersetzten. 

ℹ️ Das Peres Center for Peace and Innovation wurde 1996 durch den ehemaligen israelischen Staatspräsidenten und Friedensnobelpreisträger Shimon Peres gegründet und verfolgt das Ziel der Friedensentwicklung für den Nahen Osten durch sozioökonomische Kooperation und Entwicklung sowie persönliche Begegnungen. Programme beschäftigen sich mit zahlreichen gesellschaftlichen Themen von Umwelt und Wirtschaft bis Sport, Kultur und Soziale Medien.

Boginski im Peres Center

Am Abend erhielten wir ein Briefing von Alon Schacham vom COGAT. 

ℹ️ COGAT steht für “Coordination of Government Activities in the Territories”. Cogat ist eine Einheit der israelischen Regierung, die für die Koordinierung und Verbindung mit der Palästinensischen Autonomiebehörde verantwortlich ist. Sie dient als wichtige Informationsquelle für den palästinensischen Sektor. Unter anderem fördert die Einheit humanitäre Projekte, die palästinensische Wirtschaft und die Entwicklung der Infrastruktur in den Gebieten. COGAT arbeitet auch mit internationalen Organisationen zusammen, um den Lebensstandard der in diesen Gebieten lebenden Palästinenser zu verbessern. Alon Schacham war bis vor kurzem in der Abteilung für Internationalen Einsatz bei COGAT verantwortlich.

Gespräch mit Alon Schacham

Donnerstag, der 23.03.2023

Am letzten Tag der Delegationsreise, bevor es am frühen Nachmittag zum Flughafen ging, standen weitere Gespräche, u.a. mit Dr. Gil Yaron auf dem Programm

Dr. Gil Yaron ist deutsch-israelischer Arzt und Journalist. Seit Oktober 2014 ist Gil Yaron Nahostkorrespondent für die WELT. Zudem publiziert er regelmäßig in der renommierten israelischen Tageszeitung Haaretz. Zuvor war er für eine Reihe deutsch-, englisch- und hebräischsprachiger Publikationen tätig, darunter die Rheinische Post, die WAZ, die Salzburger Nachrichten und der Tages- Anzeiger. Im Internet schrieb er unter anderem für Spiegel Online, bis er vom FOCUS abgeworben wurde. Als Hörfunkkorrespondent der dpa–RUFA erreichen seine Berichte Millionen Hörer in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Im Fernsehen analysierte er die Ereignisse der Region für den Sender N24. Im Jahr 2013 wurde er für ein Essay in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung für den Henri-Nannen-Preis nominiert.

Mit Verspätung landete ich in der Nacht wieder in Frankfurt am Main, wo es dann mit dem Zug in Richtung Berlin ging. Es war meine erste Reise in dieses absolut eindrucksvolle Land Israel 🇮🇱, bei der ich viel Neues erfahren konnte. 🙏 Mein Dank gilt der großartigen Organisation durch den NAFFO e.V.!

Boginski in Israel

Reisebericht von NAFFO e.V.

Zum Abschluss möchte ich euch noch auf den Reisebericht von NAFFO e.V. aufmerksam machen, wo ihr die Reise nochmal aus einem anderen Blickwinkel nachlesen könnt!